Mimi und Doktor Frankenstein retten Salzburg und die Welt
Während ganz Salzburg aufatmet, weil Mimi gerettet wurde, hält der Kernölbotschafter den Atem an, weil die Weltrettung nur noch schlappe zwei Jahre entfernt ist. Genug Neuigkeiten für eine Woche, doch am Ende folgt noch eine dritte, versprochen.
Mimi, bislang eine glückliche und wenig beachtete Graugans am Leopoldskroner Weiher, hatte sich vor zwei Wochen mit ihrem Schnabel in einer silberblauen Getränkedose verkeilt. Dies behinderte sie beim Fressen und beim Fliegen – von wegen RedBull verleiht Flügel –, erhöhte jedoch so schlagartig wie ungewollt ihre Prominenz in der Bevölkerung. Viele kamen, um zu schauen und zu bemitleiden, andere wollten helfen. Doch nicht einmal von angerückten Berufsfeuerwehrleuten mit viel Energydrink intus ließ sich Mimi einfangen. Erst zwei Tierpflegern gelang dieses Kunststück; sie befreiten die Gans von ihrem ungewollten Ballast und päppeln sie jetzt im Salzburger Zoo auf. Das ganze Bundesland ist erleichtert und wieder bereit, sich weniger wichtigen Dingen zuzuwenden - etwa der Frage, in welchem Interview Mimi den Journalisten vom ORF Salzburg ihren Namen verraten hat. Fast wünscht man sich alle vierzehn Tage ein solches Drama. Dann würde sich niemand mehr für die stark zunehmende Abwanderung aus dem Innergebirg, die neuen peinlichen Fakten zum Finanzskandal und das endlose Verkehrschaos in der Landeshauptstadt interessieren.
Aber wie eingangs erwähnt, Rettung naht. Am 27.2.2015 war auf www.science.orf.at, dem Wissenschaftsportal unseres Staatsfunks, zu lesen, dass in spätestens zwei Jahren die erste Transplantation möglich sein wird, die wirklich Sinn macht: jene des Kopfes. Das behauptet jedenfalls der italienische Neurochirurg Sergio Canavero.
Halten wir an dieser Stelle gemeinsam kurz inne. Wenn der – zugegeben intensive – Moment des Ekels überwunden ist, eröffnen sich ungeahnte Aussichten. Diese gehen weit über die Vision des Arztes hinaus, nach der „Patienten, die unter schweren Krankheiten wie fortgeschrittenem Krebs leiden, einen neuen Körper erhalten sollen, um wieder normal leben zu können.“ Fein für alle, die es betrifft, aber es geht um mehr. Mit der Kopftransplantation steht die Schaffung des Weltfriedens nicht länger in den Sternen, sondern ist plötzlich greifbar nah.
Vielleicht stammt die Idee gar nicht von Canavero selbst. Gut vorstellbar, dass sein um nichts weniger umtriebiger Landsmann Silvio B. nach einem Weg gesucht hatte, sich mit seinem Dauergrinser in der italienischen Politik zu verewigen und während einer Bunga-Bunga-Pause auf diesen abstrusen Einfall gekommen war. In der Zwischenzeit wurde der Ex-Cavaliere aber zu ein paar Monaten Sozialdienst verknackt. Ein jüngerer Körper brächte ihm also nur die Aussicht, flinker über die Gänge des Altersheims zu huschen, wo er zur Betreuung alter Männer – welch herrlicher Gegensatz zu seinen kaum volljährigen Haremsdamen – eingesetzt ist.
Trotzdem bieten sich genug andere Kandidaten an. Wladimir Putins Kopf könnte probeweise auf den Hals eines ostukrainischen Flüchtlingskindes versetzt werden – damit er spürt, wie sich die von ihm verbreitete Angst anfühlt. Börsenspekulanten auf Grundnahrungsmittel schlage ich ein paar Tage auf ausgemergelten afrikanischen Körpern vor, weil Mais und Weizen, falls überhaupt vorhanden, längst zu teuer geworden sind. Allen Konzernchefs, die das Projekt Biosprit abgesegnet haben, wird die gleiche Kur verordnet. Und wenn zu guter Letzt alle Kriegstreiber dieser Welt die Leiden der Opfer ihrer Autobomben, unbemannten Raketendrohnen und Granatsplitter zumindest so lange durchmachen müssen, bis sie die gröbsten Schmerzen überwunden und sich die dunkelsten Seelenfenster geschlossen haben, sind wir dem Weltfrieden einen großen Schritt näher gekommen. Also, lieber Doktor Frankenstein Canavero, bleiben Sie dran!
Neuigkeit Nummer drei verbindet die Schlagzeilen der Woche auf geniale Weise. Unterhalb der Meldung von Mimis Rettung (Titelseite des Lokalteils der Salzburger Nachrichten vom 28.2.2015) bietet die Firma Cutani ein „Facelift ohne OP“ zum Aktionspreis von 87,-- Euro an. Der Werbetext lautet: „Cutani Impulslicht wirkt dort, wo andere kosmetische Präparate nicht hinkommen.“
Wer sohin nicht zwei Jahre warten will, kann sich schon jetzt in Wals bei Salzburg erleuchten lassen. Angesichts der krassen Unterbelichtung vieler von mir genannter Individuen steht aber zu befürchten, dass nicht einmal reines Impulslicht da noch etwas ausrichten kann.