Werbung, Saisonal

Nach einem wunderbaren Sonntag Vormittag in meinem zweiten Salzburger Wohnzimmer – die Terrasse des Café Tomaselli am Alten Markt – entdeckte ich das Bild des Tages auf der Heimfahrt in der Alpenstraße. Dort bog ein Stadtbus der Salzburg AG aus einer Haltebucht, den ich liebend gerne im Vorbeifahren abgelichtet hätte. Das ist aber leider a) polizeilich verboten, b) mir mangels eines dafür notwendigen Smartphones ohnehin nicht möglich, und außerdem c) würde ich, wenn ich c1) ein Smartphone hätte und c2) es auch noch schaffte, rechtzeitig zu knipsen, das Foto sicher bis zur Unendlichkeit verwackeln, Stabilisator in den modernen Kameras hin oder her.

Unter den Chronisten gehöre ich jedoch ohnehin zur Schreibenden Zunft; sohin erfahren Sie nachfolgend schwarz auf weiß, was meine Augen gesehen und Sekundenbruchteile später in meinem Gehirn ausgelöst haben.

Am Heck des Busses, über die ganze Breite gezogen, stand in geschwungener, gelb-weißer Schrift: Skibus Werfenweng. Einem Instinkt folgend, schaute ich sogleich auf die Außentemperaturanzeige meines GolfPlus: 31,5 Grad Celsius über Null. Als ich wieder hochsah, befand ich mich bereits auf der linken Fahrspur, also neben dem Stadtbus. Die Seitenbeklebung setzte noch eines drauf: Mit Erdgas-Drive zum Pistenspaß!

Die verschiedensten Fragen liefen auf einmal in meinem Gehirn um die Wette: Will uns diese Werbung vom Jammern über die Hitze abhalten, indem sie uns mahnend daran erinnert, dass es in knapp fünf Monaten wieder 40 Grad kälter sein wird? Ist es ratsam, den Fahrer dieses Busses nach einem kühlen Plätzchen in der Stadt zu fragen? Sollen vorausschauende Winterurlauber bei den Bergbahnen Werfenweng anfragen, wieviel Rabatt sie kriegen, wenn sie schon im Juli den Skibus buchen, oder haben sie dafür noch Alle Zeit der Welt? (siehe oben.)

Ich jedenfalls hatte es plötzlich sehr eilig, in meine kühle Wohnung zu kommen. Dort würde ich mir einen noch kühleren Drink mixen und darauf hoffen, dass es noch möglichst lange schön und vor allem schneefrei bleibt.

Skifahren ist ohnehin nicht so meins.

Rasend auf probe zum Traktorschein

Am 7.7.2015 berichtete das Internetportal unseres rotweißroten Staatsfunks von einer exekutiven Amtshandlung, die erst auf den zweiten Blick bemerkenswert ist. Die Polizei stoppte irgendwo in der oberösterreichischen Pampa einen 17jährigen, der mit knackigen 168 km/h unterwegs war.

So weit, so normal. Doch als der Probeführerschein eingezogen und sämtliche Papiere ausgestellt waren, staunten die Beamten nicht schlecht über die Begründung des Jünglings für seine Eile. Er müsse – Obacht, darauf würden Sie niemals kommen – zur Traktorführerscheinprüfung und sei schon reichlich spät dran.

Erst vermuteten die Beamten dahinter die schlechteste aller Ausreden, die ihnen jemals zu Ohren gekommen waren. Tatsächlich tauchte jedoch wenig später der Traktorführerscheinfahrlehrer mitsamt der Traktorführerscheinprüferin auf. Sie packten ihren Schüler ein und chauffierten ihn zur Traktorführerscheinprüfungskommission. Sohin konnte der junge Mann seinen Test doch noch ablegen – ob er das erfolgreich tat, ist nicht überliefert.

Für die Wiedererlangung des B-Scheines werden wohlmeinende Helfershelfer nicht ausreichen; Nachschulung und Nachzahlung sind unausweichlich. Angesichts der kreativen Entstehungsgeschichte bietet sich eine kreative Zusatzstrafe an: Der junge Mann muss mit dem Traktor – falls er die Berechtigung zum Steuern desselben erlangt hat – zur Wiederholungsprüfung anreisen. Blöderweise werden am Vorladungstag nur in Bregenz oder Bad Radkersburg Termine frei sein. Da bleibt ihm unterwegs reichlich Zeit für Hörbuchlektüre.

Ich empfehle wärmstens einen Bestseller von Stan Nadolny: Die Entdeckung der Langsamkeit.

Damit etwas wird aus mir

Ein Sommerurlaub bei den Eltern hat viele Vorzüge. Einer davon ist die kulinarische Zeitreise in die eigene Kindheit in komprimierter Form – als würden die zwei Wochen aus einer abwechselnden Folge von Geburts- und Namenstagen bestehen, an denen ich mir das Mittagessen aussuchen konnte. Seit ich allein lebe, klingt kaum ein Satz süßer in meinen Ohren als die mütterliche Frage „Was soll ich heute kochen?“

Ist diese kurze, glückselige Zeit wieder vorbei, muss ich mich das jeden Tag selbst fragen. Meist in einen Seufzer verpackt, weil es nach einem langen Arbeitstag lustigere Momente gibt als jene allseits bekannte Erkenntnis, die einem müden Blick in den Kühlschrank folgt: Genau das, worauf ich mich gefreut habe, ist ausgegangen / schlecht geworden / beim Hetzen durch den Billa knapp vor Ladenschluss aus meinem Gedächtnis gefallen. Also doch wieder Nudeln.

Am ersten Tag nach dem Urlaub zog es mich wie so oft in meine geliebte Salzburger Altstadt. Ich erledigte die Kleinigkeit, die ich als Grund für die Fahrt hinein vorgeschoben hatte und sog bald danach das Flair der Getreidegasse in mich auf, die schon voll auf Sommer-Touristen-Modus geschaltet hatte. Hier wird sich um diese Jahreszeit wohl auf immer und ewig die ganze Welt treffen. Zumindest so lange, bis die Sonne zum Roten Riesen wird und alles verschluckt.

Neu sind heuer die Selfie-Sticks. Das sind Teleskopstangen, die Weitwinkelselbstaufnahmen mit dem eigenen Smartphone möglich machen. Je krampfhafter diese Hobbyfotografen versuchen, ihre Stangen gerade zu halten, desto schräger schauen sie dabei aus. Und es gibt wieder ein Hindernis mehr, dem ich in diesem Beinen-, Armen-, Kinderwagen- und Einkaufstaschengewirr ausweichen muss.

Doch ich kenne eine Insel der Ruhe, und genau die steuerte ich an: das Cafè Mozart. Gutes Essen, eine passable Auswahl an tagesaktuellen Printmedien und lange Tische, um selbige adäquat auszubreiten. Einer ausgedehnten Verschnaufpause steht dort nichts im Wege außer hin und wieder zwei Amerikanerinnen, die vor der Tortenvitrine gleich neben dem Eingang Kalorien zählen.

Zu meiner Freude war das Tagesgericht eine Lasagne. Kaum hatte ich mich nach erfolgter Bestellung in eine Zeitung vertieft, stand die Kellnerin auch schon mit dem Teller da – auf dem sich eine riesige Portion türmte.

„Für wie viele Leute ist das?“, fragte ich sie heiter, meinte es aber durchaus ernst.

„Für Sie allein“, gab sie ohne Umschweife zurück. „Damit was wird aus Ihnen.“

Dieser Satz warf mich innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Kindheit zurück. So etwas hatte ich vermutlich seit den Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht mehr gesagt bekommen. Mit einem Lächeln nahm ich den Ratschlag wörtlich und begann genussvoll zu schaufeln, bis der Teller tatsächlich leer war. Darüber freute sich auch die Servierdame, denn sie kommentierte meine Leistung mit den lobenden Worten: „Brav haben Sie gegessen!“

Danke, Mama … äh … mein Kind!

Heiliger Geist, menschlich

Pfingstmontag in der wunderschönen Barockkirche St. Vitus von Kufstein. Die Messe wird zügig und herzlich von einem Pfarrer des Typs gutmütiger Brummbär samt dazu passender Stimme zelebriert.

Als ich mit der Gemeinde auf den abschließenden Segen warte und – ich beichte es freimütig – in Gedanken schon bei Kaffee und Kuchen irgendwo in der Altstadt sitze, blickt der Priester plötzlich hoch und ruft volltönend durchs ganze Kirchenschiff: „Anni? Der Heilige Geist hat etwas gefunden, das du schon lange suchst!“

Nach einer Sekunde des Erstaunens über dieses ungewohnte Intermezzo erklingt die Antwort zwei Bankreihen hinter mir: „Ja, was denn?“

„Das sag‘ ich dir nicht“, setzt der Pfarrer geheimnisvoll fort. „Manchmal verschwinden Sachen. Und manchmal sorgt der Heilige Geist dafür, dass sie wieder auftauchen. Du kannst es im Pfarrheim abholen.“

Als sei überhaupt nichts Besonderes gewesen, erteilt der Geistliche den Pfingstsegen, der aus allen Richtungen von nachdenklichem Raunen untermalt wird.

Das Rätseln darüber, was der Heilige Geist da wohl zum Vorschein gebracht habe, begleitet auch mich auf meinem Weg von der Kirche in Richtung Inn-Ufer. Eine Kuchenform vom letzten Pfarrfest? Frau Annis bestes Fensterputztuch, das sie bei der letzten Kirchenreinigung so tatkräftig geschwungen hat? Ich komme nicht drauf, erfreue mich aber an meiner in Bewegung geratenen Fantasie. Und an der seelenvollen Menschlichkeit, deren kirchliches Auftauchen der Heilige Geist heutzutage leider viel zu selten bewirkt.

Im Inn-Cafe, wo mich bereits ein Fensterplatz und eine hübsche, übers ganze Gesicht strahlende Kellnerin erwarten, hängt ein Schild über der Theke: „Kaffee und Apfelstrudel, mit Allem 5,80“.

Ich bestelle ohne Nachdenken, weil ich der Neugier, was bei mit Allem inkludiert ist, ohnehin nicht entkomme. Bestimmt ist auch ein Portion Heiliger Geist dabei.

Essen, nur für pokerspieler

Während der Pause eines Poker-Turniers, bei dem ein kleines Buffet inkludiert ist, bediene ich mich an der Hauptspeise. Weil die einzige Servierdame leichte Überforderungstendenzen zeigt, bitte ich sie diesmal nicht um Hilfe, sondern trage meinen Teller vorsichtig zu einem Tisch. Ich schaffe es, ohne den Teppich mit Sauce zu verschönern und gehe zwecks Beilagenversorgung zum Buffet zurück. Das Schälchen erstarrt samt Gabel in meiner Hand, als ich erkenne, was sich in der einzig vorhandenen Schüssel befindet.

Weil mein Gehirn in der Kürze keine Lösung ausspuckt und sohin Gefahr läuft, in eine Endlosschleife der Verwirrung zu stürzen, wende ich mich nun doch an die Frau mit dem großen Schöpflöffel: „Wurstsalat? Zum Schweinsbraten?!“

Sie lächelt mich freundlich an und erwidert: „Das ist für die Spieler, die kein Fleisch essen!“

Die Welt der 52 Karten sieht manchmal doch sehr beschränkt aus …

FC Hollywood goes Austria

FC Hollywood – diesem Beinamen wurde Bayern München, der größte und erfolgreichste Fußballverein Deutschlands, in den letzten Jahren immer wieder gerecht. Es gab spektakuläre Siege, dramatische Niederlagen und dazu noch jede Menge Skandale rund ums runde Leder. Sportfaktor 1, Promifaktor 1: Das ergibt zusammen Glamourfaktor 1 plus.

Die neueste Entwicklung aber hatten selbst eingefleischte Bayern-Kenner nicht erwartet: Wie nach dem letzten Spiel der Saison bekannt wurde, übernimmt der austro-kanadische Milliardär Frank Stronach den Fußballklub! Am 1. Juli dieses Jahres wird aus dem FC der TS (Turn- und Spielverein) Bayern München. Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe, ein Erdbeben der Stärke 10 erschütterte die Fußballwelt!

Und auch in der sportlichen Leitung bleibt kein Stein auf dem anderen. Der Vertrag mit Pep Guardiola wurde aufgrund chronischer Erfolglosigkeit nicht verlängert – nur der nationale Meistertitel ist schlicht und einfach unter aller Sau. An seine Stelle tritt der charismatische Wiener Peter Stöger, der nicht nur den FC Köln in der Liga gehalten hat, sondern auch in Sachen Mode um vieles beschlagener ist; anschaulich dargestellt durch Stögers bunte Brillenkollektion im Vergleich zu den mausgrauen Altherren-Anzügen des Spaniers.

Als Sportdirektor fungiert ab Juli eine österreichische Fußballlegende: Hans Krankl, wahlweise auch bekannt als Johann K., Hanseburli, Goleador und Held von Cordoba, wird den Verein vor allem nach außen vertreten und managen. Sein Hochdeutsch ist zwar ähnlich schlecht wie das von Frank Stronach, aber trotzdem verstehen die Zuhörer meist, was er sagt. Das liegt wohl an den Anfangsworten seiner Statements: „Huach zua!“

Bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz stellte das neue Führungstrio erste Pläne für die nächste Saison vor. Die schwächelnde Abwehr – Sargnagel in der ChampionsLeague wie auch im Cup – wird gänzlich auf rotweißrote und damit endlich stabile Beine gestellt. Neben dem bewährten linken Außendecker David Alaba besteht die Viererkette künftig aus Kevin Wimmer (kommt mit Stöger aus Köln), Aleksandar Dragovic (steht schon lange auf diversen bayrischen Einkaufszetteln) und Christian Fuchs (Schalke, wird von links auf rechts umgeschult). Und weil für einen Branchenleader nur das Beste gut genug ist, hat man gleich noch zwei Edelreservisten verpflichtet: Sebastian Prödl (saß schon im Flieger nach Istanbul, doch als er Kebab auf der Menükarte las, war ihm Weißwurscht doch lieber) und Martin Hinteregger (wollte nicht wie eine RedBull-Dose von Salzburg nach Leipzig verscherbelt werden, ist aber froh, weiterhin einen Audi fahren zu dürfen). Damit ist klar, dass Trainer Stöger wie in den vergangenen Jahren beim FC Köln auf eine stabile Verteidigung setzen wird. Auf die frischen Akzente in Mittelfeld und Angriff warten wir nach diesem Paukenschlag mit vor Spannung angehaltenem Atem!

Sportdirektor Krankl legte die Erfolgslatte jedenfalls schon sehr hoch: „Huacht‘s zua! Wir wer‘n mit‘n TSBM nicht nur de Meisterschaft dominieren, sondern auch CL und Cup. Alles andere is‘ primär!“

Präsident Frank Stronach sprach von einem Traum, der ihm weder mit Austria Wien noch mit dem FKÖNA (Fußballklub der österreichischen Nationalratsabgeordneten) vergönnt war: „Spätestens 2020 wird das Team Stronach … äh … der TS Bayern München Weltmeister sein!“ Den leisen Hinweis eines Journalisten, dass es in fünf Jahren keine Weltmeisterschaft gebe und zudem nur Nationalmannschaften teilnehmen dürfen, tat Stronach als unwichtig ab: „Das is‘ hier ka Betriebsratssitzung! Dann müss‘ ma halt die Statuten ändern, nicht?“

Zum Abschluss erinnerte Trainer Stöger an eine Anekdote, die belegt, dass schon der Spitzname FC Hollywood aus Österreich stammt: „Als Ernst Happel österreichischer Teamtrainer war, hat er der Mannschaft vor jedem Spiel die genaue Taktik mitgegeben. Und er fügte an: Wenn die nicht funktioniert, spiel‘ ma Hollywood!

(Foto: news.at)

Geben Sie mir ein Ping, Vasili!

Sind Gleichgesinnte unter sich, so reden sie häufig von genau jenem Gleichen, nach dem ihnen der Sinn steht. Die geneigte Leserschaft kennt das: Hundefreunde reden von Hunden, Malfreunde von der Malerei und Filmfreunde – in Weiterführung dieser Logik – von Filmen. Dennoch stelle ich hier und jetzt die These auf, dass Letztgenannte mit einem kleinen Heiterkeitsvorsprung beschenkt sind, der sie um eine Spur leichter durchs Leben wandeln lässt.

Der Grund dafür: Ein Gemälde bleibt per Definition wortlos. Es steht nicht zu erwarten, dass die honorigen Bischöfe, die viele Wände in der Alten Residenz in Salzburg zieren, in den nächsten Jahren zum Leben erwachen und aus ihren Rahmen steigen. Somit bleibt auch das Gespräch im Rahmen – über sie und über die Kunst. Bei Hunden ist die Sache diffiziler, denn fraglos ist es möglich, mit ihnen zu reden. Was zurückkommt, kann mit viel Phantasie und Kenntnis in nonverbaler Tier-Mensch-Kommunikation sogar als Antwort interpretiert werden, doch das erste wörtliche Zitat eines Vierbeiners ist noch nicht überliefert.

Filmfreunde aber reden nicht nur über Filme. Sie haben eine eigene Form der Sprache entwickelt, die sich nur Eingeweihten offenbart, nach jahrelangem, intensivem Studium zahlloser Beispiele, vom Klassiker bis zum Schund. Allein wer durch diese harte Schule gegangen ist, bringt es zum Meister in der Königsdisziplin: der Unterhaltung in Filmzitaten.

„Ich schau dir in die Augen, Kleines.“ Wo das hingehört, muss ich hoffentlich niemandem erklären. Viele sehnsuchtsvolle Liebeserklärungen sind nach dieser Herzensoffenbarung wohl den Bach hinuntergegangen. Sohin ist es von großer Bedeutung, ein Zitat im richtigen Moment anzubringen. Im besten Fall erntet man Bewunderung oder sogar die unerwartete - weil passende - Antwort eines Eingeweihten. Die verwirrten Blicke der Unwissenden dienen im schlechtesten Fall der eigenen Erheiterung.

Neulich erhielt meine Kollegin Claudia am Platz gegenüber eine SMS auf ihr Handy. Der Ton, mit dem die Nachricht als eingegangen vermerkt wurde, war ein helles, reines PING, was mich laut auflachen ließ. Claudia schaute mich fragend an, also verwertete ich die Vorlage: „Geben Sie mir ein Ping, Vasili.“

Der Kollegin Verwirrung war augenscheinlich. Deshalb verzichtete ich auf die klassische Fortsetzung, musste sie aber zeitnah anbringen, um mich zu erfreuen. Wozu hat man Filmfreunde? Ich rief Alexander an, einen wahren Meister der Filmzitate, mir selbst haushoch überlegen. In kurzen Worten schilderte ich ihm die SMS-Szene von vorhin und schloss wieder mit den Worten: „Geben Sie mir ein Ping, Vasili.“

Und Alexander enttäuschte mich nicht: „Aber bitte nur ein einziges Ping!“ Unser doppelter Lachanfall eine Sekunde später war für mich das absolute Highlight des Tages.

Mein Lieblingszitat? Ich verrate es Ihnen. Der Gedanke daran ist wie ein Zwanzig-Sekunden-Urlaub, den ich mir hin und wieder von ganzem Herzen gönne.

„Es war einmal, an der Nordküste von Long Island, nicht weit von New York. Dort stand ein sehr, sehr großes Haus – beinah ein Schloss. Auf diesem Anwesen lebte ein kleines Mädchen. Das Leben war angenehm dort und wunderbar einfach.“

Kennen Sie den Titel dieser Liebeskomödie? Meine immerwährende Hochachtung wird Ihnen gewiss sein. Falls nicht, muss ich sofort Alexander anrufen!

Offizielle Protestnote Seiner Exzellenz, des Botschafters

An die Einbrecher von Riegersburg!

Mit aller gebotenen Schärfe protestiert der Kernölbotschafter gegen die Vorgehensweise, mit der Sie die Spuren Ihres letzten Raubzuges verwischt haben. Wie den am Botschaftssitz gelesenen Salzburger Nachrichten vom 21.4.2015 auf Seite 11 zu entnehmen ist, haben Sie in einem Hotel fünf Liter Kürbiskernöl verschüttet, um Fingerabdrücke und sonstige Spuren für die Kriminalpolizei unbrauchbar zu machen.

Um es in der Gemeinsprache zu formulieren, die vielleicht auch Sie verstehen: Das geht gar nicht! Abgesehen vom angerichteten Schaden empfinde ich es als unerträglich, wie perfide Sie durch Ihre Tat meine nun schon Jahrzehnte andauernden Bemühungen torpedieren, unserem kulinarischem Kulturgut jenseits der Kernölgrenzen zu dem ihm zustehenden Durchbruch zu verhelfen. Ich halte täglich die Fahne unseres Schwarzen Goldes hoch, indem ich es nicht nur für Salat, sondern auch für die klassische Eierspeis wie für moderne Eiskreationen in höchsten Tönen anpreise. Und was bekommen die Leute jetzt mit? Wie schwer die Schmierage wegzuputzen ist, kruzzetürken!

Mit einem Fünkchen Anstand in Ihren verrotteten Seelen hätten Sie das Kernöl, dem Vernehmen nach durchaus hochwertige Ware, mitgenommen und verkauft. Bestimmt liegt der Wert höher als die paar erbeuteten Zigaretten. Und wer weiß, wie viel Bares Sie in dem aus der Verankerung gerissenen Tresor finden – falls Sie ihn überhaupt aufkriegen. Sie hätten das Öl auch anonym vor einer Kirche oder Armenküche deponieren und so einer sinnvollen Verwendung zuführen können.

Kürbiskernöl klebt an Ihren Händen. Den Geruch, so edel er aus einer frisch geöffneten Flasche in die Nase desjenigen steigt, der diesen Luxus zu schätzen weiß, werden Sie nicht mehr aus Ihrem schwarzen Herzen bekommen. Ebensowenig die Flecken von Ihren Kleidern.

Seien Sie gewiss: Der Kernölbotschafter wird nicht ruhen, bis der immaterielle Schaden an seiner Mission gesühnt und der Ruf des echten steirischen Kürbiskernöls wieder reingewaschen ist.

Gezeichnet von Seiner Exzellenz Hannes dem I., Salzburg, April 2015, A.D.

        

Sensation: Putin im Gemeinderat!

Am Karsamstag sitzt die ganze Familie nach Monaten wieder einmal vereint in der Heimat beisammen. Nicht nur der feine Osterschinken wird genüsslich verzehrt, es gibt auch einen regen Austausch wichtiger Neuigkeiten. Nach Dutzenden gepeckten Eiern kommt die Rede auf die kürzlich in der Steiermark geschlagene Gemeinderatswahl. Hier die unvollständige Wiedergabe einer Unterhaltung, deren weltpolitische Bedeutsamkeit wohl erst in vielen Jahren von Historikern ins wahre Licht gerückt werden wird.

"Wie ist es in Bad Gleichenberg ausgegangen?"

"Klarer ÖVP-Sieg. Sie haben die Absolute nur um vier Stimmen verpasst."

"Der Putin soll zuletzt auch in Gleichenberg gewesen sein."

"Wegen der Wahl?"

"Nein, zum Jagen. Der Wolf hat ihn eingeladen."

"Seit wann lädt der Wolf seinen Jäger ein, bevor er von ihm erschossen wird?"

"Nicht der schwarze Wolf. Der Siegfried Wolf."

"Aber der Siegfried Wolf ist doch eh bei den Schwarzen."

"Ich rede vom Tier, nicht von den Schwarzen im Gemeinderat."

"Die Schwarzen haben Putin in den Gemeinderat eingeladen? Wen soll er dort jagen?"

"In Gleichenberg gibt's schon lange keinen Wolf mehr."

"Nicht in Gleichenberg. In Trautmannsdorf."

"In der Nachbargemeinde gibt's noch Wölfe?"

"Nein, der Putin war in Trautmannsdorf."

"Weil dort ein Wolf gesichtet wurde?"

"Nein, weil er zum Jagen eingeladen war. Von Siegfried Wolf, einem persönlichen Freund."

"Nach der Gemeindereform gehört Trautmannsdorf jetzt zu Gleichenberg, oder?"

"Richtig."

"Also kommt man über Trautmannsdorf in den Gemeinderat von Gleichenberg."

"Wenn man das will."

"Vielleicht will der Putin das und war deshalb in Trautmannsdorf. Auf der Jagd nach einem Mandat."

"Was der Putin will, ist mir herzlich egal. Wer will eine Ostertorte?"

Allgemeine Zustimmung ertönt. Das Thema löst sich in Kaffee- und Mehlspeisduft so rasch und geheimnisvoll auf, wie es gekommen war.

Einen Tag später, am Ostersonntag, bringt die Krone bunt auf Seite 14 einen Bericht über das neue Luxusflugzeug von Wladimir Putin. Die Kernölbotschafter-Redaktion weiß aus Insiderkreisen, dass der hypermoderne Flieger gerade rechtzeitig für die Anreise zur konstituierenden Sitzung des Bad Gleichenberger Gemeinderates fertiggestellt wurde. Der Auftritt des russischen Präsidenten dort wird in vielen Familien zu interessanten Diskussionen führen. Mit und ohne Wolf.

Think Before You Think

Im geschäftlichen Mailverkehr ist es Mode geworden, am Ende eines elektronischen Briefes nicht mehr nur den Disclaimer anzuführen. So nennt sich ein Rechtehinweis, der falsche Empfänger vor missbräuchlicher Verwendung einer nicht für sie gedachten Nachricht warnen soll ("bitte nicht auf Facebook stellen und vor einer allfälligen Weiterleitung an die NSA zumindest Edward Snowden informieren").

Neuerdings glauben viele Konzerne, ihre grüne Verantwortung betonen zu müssen. Deshalb fügen sie am Ende eines Mails den Satz "Think before you print" hinzu. Im Business-Englisch klingt das natürlich besser als "Denk bevor du druckst", was sich ein bisschen wie die Aufforderung des Dorflehrers an den Klassentrottel anhört. Der geneigte Empfänger möge also kurz in sich gehen, bevor er die Mail ausdruckt. Vielleicht reicht es, sie elektronisch zu archivieren? Oder ist gleich Löschen die beste Option? Nach Abschluss des Denkprozesses, so suggeriert der Hinweis, habe der Empfänger selbstverständlich alle Freiheiten, nach seinem Gutdünken zu handeln.

Das Ansinnen mag durchaus ehrenwert sein, doch wie die Kernölbotschafter-Redaktion schon bei ähnlichen Aktionen feststellen musste, torpediert auch hier die mangelnde Ausführung den guten Willen. Eine österreichische Supermarktkette, die passenderweise ein grünes Bäumchen im Logo führt, beendet alle Mails mit jenem "Think before you print". So auch Bestellungen, die ich im Zuge meiner Profession als Verkäufer von Schlüsseln und Zylindern aus der Konzernzentrale erhalte. Die Mails strotzen nur so vor Leerzeilen zwischen dem Text, dass sie sich über zwei, drei und manchmal sogar vier Seiten hinziehen. "Denk nach, bevor du das ausdruckst", klingt als erhobener Zeigefinger sohin wie blanker Zynismus, dem ich mehr als einmal die Gegenfrage "Warum sollte ich, wenn du nicht einmal vor dem Schreiben nachgedacht hast?" volley retournieren wollte.

Den Vogel – oder besser den Storch – schoss in dieser Kategorie kürzlich ein Hotel am Neusiedlersee ab. Dessen Mailbestellung zog sich allein deshalb über zwei Seiten, weil am Ende lang und breit verkündet wurde: "Wir sind Gewinner des Goldenen Flipcharts 2011 – bestes Seminarhotel im Burgenland!" Die Darstellung der Trophäe durfte ebenso wenig fehlen wie die wortreiche Aufforderung, sich von den diesbezüglichen Qualitäten des Hauses doch bitte persönlich zu überzeugen.

Werbung ist wichtig, keine Frage. Wenn jedoch goldene Kochlöffel, Stamperl und Flipcharts als Aufmerksamkeitsvehikel wie goldene Schwammerl aus dem Boden sprießen, muss die Frage erlaubt sein, ob die zuständigen Marketingabteilungen überhaupt von der Blässe eines Gedankens angekränkelt wurden, ehe solch krude Ideen das Licht der Welt erblickten.

Als Chronist dieser und aller anderen Lebenskuriositäten, die mir noch begegnen werden, schließe ich diesmal selbst mit einer Aufforderung an alle, die voll Begeisterung über einen guten Einfall sogleich zur guten Tat schreiten wollen. Kurz und bündig, damit sich dieser Blog beim Ausdruck nicht über zwei Seiten zieht.

"Think before you think!"

Helmut, Hüter der Moral

Vermutlich bin ich der einzige Steirer, der in Salzburg lebt und bereits von zwei Vorarlberger Physiotherapeutinnen betreut wurde. Birgitt arbeitete vor einigen Jahren nahe der Mozartstadt, Judith lernte ich bei einem Aufenthalt in einer Spezialpraxis nahe Freiburg im Breisgau kennen. Beide Damen leben mittlerweile wieder im Ländle; Judith besuche ich immer noch jährlich für eine intensive Trainingswoche, und meist geht sich dabei auch ein gemeinsamer Kaffee mit Birgitt aus.

Für die Dauer meines Aufenthalts in Bregenz quartiere ich mich stets im Gasthof Lamm ein. Das kleine, gemütliche Landhotel mit ausgezeichneter Küche liegt sowohl in der Nähe von Judiths Praxis als auch unweit vom Bodensee; weil ich meine täglichen Therapieeinheiten immer mit einem Spaziergang entlang des Ufers abschließe, eine perfekte Kombination. Mittlerweile darf ich mich Stammgast nennen, der sowohl von der Eigentümerfamilie Schenk als auch den Beschäftigten des Hauses sehr herzlich aufgenommen und bestens betreut wird.

Gleich nach meiner allerersten Ankunft an einem Sonntag im Frühling 2012 lud ich Judith zu einem gemeinsamen Abendessen im Lamm ein. Sie sagte zu, und bald saßen wir an einem kleinen Tisch im Restaurant. Am Stammtisch gegenüber saß Seniorchef Helmut, ein rundlicher Mann mit dröhnender Stimme, Almöhi-Vollbart und stets fröhlich blitzenden Augen. Diesen Augen entging nichts, wie ich bald erfahren sollte.

 Die Woche verging rasch wie alle Wochen in Deutschland zuvor. Wenn der Fokus auf Trainieren liegt, bleibt neben Essen und Schlafen kein Platz übrig. Entsprechend schnell war der Freitag da, und ich verabschiedete mich aus Judiths Praxis bis zum nächsten Jahr. Wieder konnte ich ein paar kleine Fortschritte verbuchen, über die ich mich ebenso freute wie über ein Treffen mit Birgitt, die ich zu meinem letzten Frühstück ins Hotel eingeladen hatte.

Kaum hatte die zierliche Frau am folgenden Morgen neben mir Platz genommen und ihren Kaffee bestellt, bemerkte uns Seniorchef Helmut vom Stammtisch aus. Er hob grüßend den Arm, dröhnte ein "Guten Morgen!" und hielt dann inne, um genauer hinzuschauen. Was er sah, irritierte ihn augenscheinlich so sehr, dass er der Sachlage sogleich auf den Grund gehen musste. Helmut kam an unseren Tisch, beugte sich zu Birgitt und sagte mit einer Stimme, die in der fragwürdigen Mitte zwischen Verschlagenheit und Flüstern lag: "Sie sind aber nicht die Gleiche wie am Sonntag."

Mein Gehirn verwandelte sich von einer Sekunde auf die nächste in eine wortfreie Zone, so perplex war ich. Nicht einmal das naheliegende "Ich wüsste nicht, was Sie das angeht", fiel mir ein. Birgitt aber hatte einen unfehlbaren Sinn für die Situation. Sie strahlte Helmut mit dem süßesten Lächeln an und erwiderte: "Ich bin die andere Physiotherapeutin von Herrn Glanz." Diese Antwort schien für den alten Mann nachvollziehbar; er wünschte Birgitt einen guten Appetit und ging wieder an seinen Platz zurück.

 Als ich mich später von Helmut verabschiedete, konnte ich mir eine Frage beim besten Willen nicht verkneifen: "Haben Sie schon früher einmal jemanden so direkt angeredet wie vorher? Das könnte doch peinlich enden, oder?"

"Ist eh schon passiert", antwortete er mit einem verschmitzten Lachen. An seinen Augen sah ich, dass es der Spaß in jedem Fall wert gewesen sein musste.

Auf meiner Heimfahrt zog ich in Gedanken meinen Hut vor diesem wahren Hüter der Moral. Wer austeilt, muss auch einstecken können – Helmut weiß das.

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