Der Kernölbotschafter trifft Señora Corona

Viel mehr als ein Tagebuch

 

Peanuts Philosophie

 

2. Mai 2020: Der KB hält eine Philosophiestunde

Hey HG, an einem Samstag schon so früh in der Redaktion? Senile Bettflucht?

Schon möglich. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Das Bett hätte ich gar nicht gebraucht, so wenig habe ich geschlafen.

Was treibt dich um?

Gaukler wie du, mein lieber KB, können das vielleicht nicht verstehen, aber manchmal stelle ich mir schon die Was-wird-sein-Frage.

Die da wäre?

Was wird sein, wenn Señora Corona nichts bewirkt? Jetzt reden viele davon, ihr Leben zu ändern, regional zu kaufen, liebevoller mit ihren Nachbarn umzugehen. Andere Leute sind der Meinung, nach ein paar Monaten wird alles wieder so sein wie vorher. Was denkst du?

Erstens: Ich mag es nicht, wenn du so ernst bist. Zweitens: Verschieden, wie die Menschen sind, werden die Reaktionen ausfallen.

Was wird überwiegen? Das Positive oder das Negative?

Kann ich dir nicht sagen. Aus meiner humoristischen Lebenserfahrung neige ich zum Negativen, aber ich kann mich auch täuschen.

Humor und negativ, wie passt das zusammen?

Eigentlich gar nicht, da hast du schon recht. Es ist mehr eine Schlussfolgerung.

Ich verstehe nur Corona. Bitte erklär’ es mir.

Also pass auf: Das Geschäft des Satirikers läuft wie geschmiert, wenn er seine Zuhörer emotional trifft. Da trifft es sich gut, dass die meisten Menschen emotional gesteuert sind. Die lachen sich einen Ast ab, weil ihnen dein Humor direkt in die Magengrube fährt, falls er authentisch ist.

Was hat das mit der Krise zu tun?

Geduld, liebe HG. Die schlimmsten Typen im Publikum sind immer die Skeptiker. Kopfmenschen, die eine Firewall im Hirn installiert haben, an der jeder Witz auf seine Qualität abgeklopft wird. Die fragen sich ständig: „War der gut?“ und haben in der Zwischenzeit längst die drei nächsten Pointen verpasst.

Apropos Point-en. Kommst du irgendwann auf den Punkt, KB?

Ich sage es dir immer wieder gerne: Deine Wortspiele sind grausam.

Besser ein grausames Wortspiel als endloses Geplapper.

Ich plappere nie! Hier ist des Kernes Pudel: Wenn es um ernste Dinge geht, sind Kopfmenschen im Vorteil, weil sie durch ihr Reflektieren schneller zu einer Bewertung von Problemen und sohin – du leihst mir doch dein absolutes Lieblingswort, HG? – zu einer praktikablen Lösung kommen. Daher sind sie auch offener gegenüber Veränderungen.

Und die Emotionalen?

Die ändern nur etwas, wenn sie persönlich betroffen sind. Oder wenn ein naher Verwandter, ein Freund an Corona erkrankt, vielleicht stirbt. Das gilt natürlich für alle Schicksalsschläge. Bei den meisten Leuten bleibt die Krise aber ein reines Medienthema, das wieder verschwindet. Deshalb werden sie nachher relativ schnell wieder zu ihrem von früher gewohnten Leben zurückkehren.

Sohin – meine Lieblingswörter lässt du schön bei mir, verstanden? – ist deine Zukunftserwartung negativ, weil es mehr emotionale als kopflastige Menschen gibt?

Und auch mehr als direkt Betroffene, zum Glück. Du bist wahrlich kein Blitzgneißer, HG, aber jetzt hast auch du es verstanden.

Nun sag mir, o Kernölbotschafter, Philosoph von hoher Erkenntnis: Wenn selbst du als beruflicher Spaßmacher trübe Aussichten befürchtest, wie soll mir als biederem Kopfmenschen, der ich bin, die Zukunft nicht den Schlaf rauben?

Naja, ist alles eine Frage der Haltung.

Auf welcher Seite ich im Bett schlafe, oder wie?

Du schläfst in einem Doppelbett, HG? Seit wann? Wie heißt sie? Woher kennt ihr euch? Wieso hast du mich noch nicht vorgestellt?

Sehr witzig, KB. Ich meinte die Körperseite!

Ach so. Und ich meinte deine Einstellung. Die Leute machen sowieso, was sie wollen. Andere kannst du nicht ändern, nur immer dich selbst. Aber du kannst darüber reden, schreiben, singen, malen, modellieren, was du willst. Mach dir selbst ein Bild, triff deine Entscheidung, steh dazu und handle danach. Aber am Allerwichtigsten: Lass dir deinen Humor nicht nehmen, von niemandem!

Das wird nie passieren, keine Sorge. Falls ich doch irgendwann gefährdet sein sollte, kommst eh du in vollem Karacho mit Blaulicht daher und erzählst mir einen Chuck-Norris-Witz.

Apropos: Chuck Norris hörte, dass nichts ihn töten könne. Also ging er los und tötete das Nichts zuerst. Der passt auch gut zur wichtigsten Grundregel: geschmeidig bleiben!

Du sagst es, KB. Ein perfektes Schlusswort für die heutige Philosophiestunde. Und weil du mich so wunderbar aus meiner Trübnis geholt hast, verrate ich dir ein Geheimnis: Sie heißt …-

Überlass mir die Scherze, HG! Meine glauben die Fans unseres Tagebuchs wenigstens!

Erkenntnis des Tages: Heute Vormittag musste ich einen etwa Zwanzigjährigen erziehen, der auf dem Parkplatz vor der Redaktion seinen Zigarettenstummel mittels „Drop and Stomp“ auf die ganz Schnelle entsorgen wollte. Er klaubte den Abfall nach meinem in Lautstärke und Botschaft ziemlich eindeutigen Hinweis brav wieder auf und verwendete den wenige Meter entfernt dafür aufgestellten Aschenbecher. Dieses Erlebnis trug auch nicht wirklich dazu bei, meine positiven Erwartungen an die Zeit nach Señora Corona zu steigern. Aber ich halte es trotzdem mit dem Kernölbotschafter: Der Humor stirbt zuletzt!

Zitat des Tages: „Ein kleines Geschenk für Sie!“ (Da kein grüner Salat mehr vorrätig war, übergab mit der Filialleiter vom BILLA in Feldbach eine Dose mit frischen, gemischten Melonen. Und schon erklomm mein Positive-Erwartungen-Konto wieder ein paar Sprossen!)

Song des Tages: Better Man (Robbie Williams spricht in diesem Video auf sehr berührende Weise das Erstrebenswerteste auf unserem Lebensweg aus. Wir dürfen uns entwickeln und bessere Menschen werden, für uns selbst und alle anderen. Mehr noch – die besten, die wir sein können.)
https://www.youtube.com/watch?v=oVHkScXobG0

Feder

 

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