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EM-Blog IV: Es geht nichts über Konnegschons (15.6.2021)

Mittagessen mit Freund Uwe in Pfeiler’s Bürgerstüberl, wo uns eine nette Terrasse, freundliches Service und formidable Menüs erwarten. Dies alles macht das Feldbacher Stadtgasthaus zu einer feinen Location (manchmal möchte ich hipp sein und verfalle sohin bisweilen ins Neudeutsche), die auch an Wochentagen gut besucht ist. Rechtzeitiges Reservieren bannt die Gefahr, bei endlich schönem Sommerwetter nach drinnen verbannt zu werden. Uwe und ich treffen beinahe zeitgleich ein; mit einem Seufzer der Zufriedenheit nehmen wir an dem für uns eingedeckten Tisch Platz.

Bald kommt unser Gespräch zum Thema Nummer 1. Erleichtert stellen wir beide fest, dass die Namen Schmid, Pilnacek, Blümel und Konsorten nicht mehr an der Spitze dieser Rangliste stehen. Nein, die Fußball-EM ist von  0 auf Platz 1 in die Charts eingestiegen und wird ihre Spitzenposition bis nach dem Finale nicht mehr abgeben. Jedenfalls solange kein Video auftaucht, in dem Sebastian Kurz versucht, den Tiergarten Schönbrunn und die Hofburg an den sizilianischen Mafiapaten Gianluigi Corleone V. zu verscherbeln, mit August Wöginger als wackeligem Übersetzer.

Nach der Bestellung von Brathenderl (ich) und Krautfleckerln (Uwe) freuen wir uns ein paar Halbsätze lang über den heimischen Auftaktsieg, um danach in einhellige Düsternis zu verfallen. Im gestrigen Blog  wollte ich dem Kernölbotschafter aus patriotischem Prinzip nicht recht geben; doch Uwe spricht eine Befürchtung aus, die sich nach dem bisher besten Spiel der EM auch in meiner rotweißroten Fußballseele eingenistet hat: „Hast du Holland gegen Ukraine gesehen? Ich frage mich nur, von wem wir das höhere Brett kriegen werden.“ Seine geflüsterten Worte klingen wie ein Fluch, wie der Bannstrahl des Todessterns, aus dem sich das kleine Raumschiff der hoffnungslos unterlegenen Rebellen rund um Luke Skywalker und Han Solo nie und nimmer befreien kann. Weil ich aber ein unverbesserlicher Optimist bin, entfleucht mir eine Antwort, ehe sie von der Zensur für platte Sprichworthülsen verhindert werden kann: „Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt.“

„Von welcher Hoffnung redest du?“, fragt Uwe mit hochgezogener Braue, während er Krautfleckerl in sich hineinschaufelt.

„Bei der letzten EM haben wir gegen Portugal auch ein 0:0 geholt“, bemühe ich einen schwachbrüstigen Vergleich und bearbeite gleichzeitig meine Hendlbrust. „Und die waren am Ende immerhin Europameister.“

„Sicher – mit jeder Menge Massel und einem bärenstarken Robert Almer im Tor.“

„Erinnere ich mich recht, dass du damals im Stadion warst?“

Uwe nickt kauend.

„Schade, dass sie heuer wegen der Pandemie so wenige Karten auflegen“, sinniere ich, ehe eine Ladung Huhn mit Reis in meinem Mund landet. „Bestimmt war es schwierig, welche zu kriegen.“

„Ich bin trotzdem in Amsterdam dabei“, antwortet Uwe und grinst von einem Ohr zum anderen.

„Was? Echt?“ Beinahe verschlucke ich mich am Geflügel. „Es geht halt nichts über Konnegschons.“ Meine Worte sind eine plötzlich viel zu große Mischung aus Menü 1 und blankem Neid.

„Ein Bekannter ist im Club der Freunde der Nationalmannschaft“, meine Uwe, als wäre sein beeindruckendes Netzwerk das Normalste auf der ganzen Fußballwelt. „Der nimmt mich mit, weil ich ein so großer Hollandfan bin wie du Italienfan.“

„Dann ist es eine Win-win-Situation für dich, egal wer gewinnt.“ Jetzt gelingt es mir doch, mich für Uwe zu freuen; das wohlige Gefühl in meinem Magen tut sein Übriges. „Vielleicht siehst du ein paar schöne Tore. Die entscheidende Partie haben wir ohnehin gegen die Ukraine.“

„Da bin ich auch live vor Ort.“ Jetzt strahlt Uwe wie ein Honigkuchenpferd. Hätte sein Kopf nicht in diesem Fall schwerwiegende Verbindungsprobleme zum Hals, würde sein Grinsen einmal rundherum gehen.

„Auf Einladung eines ukrainischen Oligarchen, dessen Firma du in IT-Fragen berätst“, flüchte ich mich in Ironie, weil ich inzwischen nichts mehr für unmöglich halte.

„Viel einfacher.“ Uwes letzte Krautfleckerl gehen den Weg alles Irdischen. „Ein Freund hat sich um Karten beworben und tatsächlich zwei bekommen.“

Bei manchen Leuten, die kein Pech haben, kommt auch noch Glück dazu. Uwe ist eines von diesen beneidenswerten Glückskindern – ein Benefit (Neudeutsch, die Zweite) seiner durch und durch positiven Lebenseinstellung.

„Schickst du mir von irgendwo ein Foto?“, bitte ich ihn. „Am besten von der Anzeigetafel, wenn wir gegen die Elftal ein 0:0 ermauert haben.“

„Mache ich gerne.“ Uwe lehnt sich entspannt zurück. „Übrigens, Hannes, es heißt Connections.“

„SEPP! ZAHLEN!“

Reporterweisheit des Tages: „Jordi Alba, der einzige von zwei Europameistern 2012.“ Oliver Schmidt, Reporter des ZDF, beweist bei Spanien gegen Schweden eine ganz eigene Zahlenmagie.

Filmmusik des Tages: Der Pate Sollte unser Bundeskanzler beim Betreten der Hofburg diese Musik hören, ist Feuer am Parlamentsdach. Mit viel Glück kann er noch den Gustl Wöginger anrufen, für einen letzten Blärrer in Richtung Opposition … 
https://www.youtube.com/watch?v=PPskYVBqdNw

Feder